Das Elektrizitätswerk Pulsnitz

Die schnelle wirtschaftliche Entwicklung der Westlausitz stellte nach 1860 neue Anforderungen. Die Stadt Pulsnitz wurde 1871 an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Orte mit Eisenbahnanschluß hatten bessere wirtschaftliche Bedingungen. Vermehrte Kohletransporte machten es erforderlich, die Strecke nach Pulsnitz 1875 zweigleisig auszubauen. Die Stadt wurde in dieser Zeit in Richtung Bahnhof und Richtung Schwedenstein erweitert. Verschiedene neue Industrieunternehmen siedelten sich in Pulsnitz an und die Einwohnerzahl wuchs.

1898

Das Jahr 1898 wurde in Pulsnitz durch zahlreiche Aktivitäten geprägt, die für die Zukunft von Bedeutung waren und die eng mit der Entstehung unseres kleinen Parkes verknüpft sind. 

Das Pulsnitzer Elektrizitätswerk wurde 1898 errichtet und lieferte im Dezember den ersten Strom.

Am 17. Dezember 1898 leuchteten erstmalig Glühlampen in den Geschäften und Wohnhäusern in Pulsnitz.

Die Stromerzeugung wurde zunächst im Rahmen eines Privatunternehmens der Dresdner Firma Klemm getätigt. Den Gebäudetrakt des E-Werkes schuf im September und Oktober der Baumeister Carl Johne mit seiner Firma. Nach Eröffnung des Werkes konnten in Pulsnitz 2000 Glühbirnen angeschlossen werden. 30 Monteure waren 10 Wochen mit den Hausinstallationen beschäftigt.

Mit der örtlichen Stromerzeugung, welche auf Dampfkraft beruhte, konnte auch eine elektrische Straßenbeleuchtung geschaffen werden.

Der erste Pulsnitzer E-Werk-Schornstein hatte eine Höhe von 30 Metern.

Gegenüber der Nachkriegszeit und der Inflation hatte sich die Pulsnitzer wirtschaftliche Entwicklung in den Jahren 1924 bis 1930 deutlich verbessert.

Die Leistung des Elektrizitätswerkes konnte erweitert werden. Aus dem städtischen Kraftwerk wurde ein Überlandkraftwerk.

1927 wurde der neue Schornstein seiner Bestimmung übergeben. Der Bau wurde durch die Verschmutzung der umliegenden Wohngebäude notwendig. Mit seinen 104 m Höhe war dieser Schornstein nach der Halsbrücker Esse bei Freiberg der zweithöchste in Sachsen.

Der Curlemeyer

Der Transport der benötigten Kohle vom Bahnhof zum Kraftwerk erfolgte ab 1935 mit einem sogenannten Curlemeyer-Fahrzeug.

Der Straßenroller (umgangssprachlich "Culemeyer") ist ein Fahrzeuganhänger zum Transport von Eisenbahnwagen und Schwerlasten auf der Straße; er wurde ab 1930 von Johann Culemeyer, Reichsbahn-Oberbaurat im Zentralamt Berlin, für die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) entwickelt. Diese Art der Güterbeförderung gehört in der Logistik zum kombinierten Ladungsverkehr.

Auf einem Straßenroller konnte so ein Güterwagen von einem Güterbahnhof über die Straße zu einem Unternehmen gebracht werden. Dadurch wurde es möglich, Güter in einem Waggon von und zu einem Unternehmen zu transportieren, das über keinen Gleisanschluss verfügte. Die Güter konnten so direkt in den Waggon ein- bzw. ausgeladen werden oder Treibstoff direkt aus dem Kesselwagen in die Tanks einer Tankstelle gepumpt werden. Wenn das Verladen beendet war, wurde der Waggon wieder zurück auf die Gleise gesetzt und konnte wieder über die Schienen befördert werden. Es war aber auch möglich, einen Güterwagen bei einem Kunden ohne eigene Gleise abzustellen. Dafür wurde ein fahrbarer Rahmen, das "fahrbare Absetzgleis", direkt auf dem Gelände eines Kunden abgestellt. Das fahrbare Absetzgleis war ein rechteckiger Stahlrahmen, auf dem ein Waggon von einem Straßenroller aus abgesetzt wurde.

In Sachsen begann der Regelverkehr im Januar 1935 in der Stadt Pulsnitz, hier wurden vom Güterbahnhof aus das Überlandkraftwerk sowie der Konsumverein beliefert. Der Straßenrollerbetrieb wurde in Pulsnitz 1964 eingestellt.

Nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8.Mai 1945 galt es zunächst die schweren Kriegsschäden zu beseitigen.

Schwierigkeiten bereitete die Stromversorgung, die Ende Mai 1945 im Elektrizitätswerk wieder anlief. Die dazu notwendige Kohle wurde zeitweilig am Bahnhof in zwei Hänger geladen, die eine Lanz-Zugmaschine zum Kraftwerk zog.

Die Gestaltung eines neuen Energieverbundnetzes brachte Veränderungen in der Stromerzeugung.

Das Kraftwerk konnte in den 60er Jahren den Anforderungen nicht mehr voll gerecht werden.

Es stellte am 30. September 1964 die Stromversorgung ein.

Damit bestimmte auch der Straßenroller vom Typ Curlemeyer, der mehrmals täglich die Kohlewaggons vom Bahnhof zum E-Werk fuhr, nicht mehr das Straßenbild der Stadt.

Der damalige Bürgermeister Mechelk und die Stadträte forderten die Umwandlung des nicht mehr benötigten Kraftwerkes zu einem Heizwerk für die Erzeugung von Fernwärme für große Teile der Stadt. Auch sollte in den Räumlichkeiten ein Heizkraftwerk eingerichtet werden. Diese Wünsche wurden von übergeordneten DDR-Behörden abgelehnt.

Der Kraftwerkkomplex wurde zu einem Materiallager der Energieversorgung umgewandelt, ein Teil der Mitarbeiter erhielt außerhalb von Pulsnitz eine neue Arbeitsstelle im Energiebereich.

Im Jahre 1967 wurde der über 100m hohe Schornstein des Elektrizitätswerkes gesprengt, die Kühltürme und andere Anlagen wurden demontiert.

2014 begann der Abriss der langjährigen Industriebrache Damit verschwand ein Schandfleck, aber auch ein Stück Pulsnitzer Industriegeschichte.

2014:

https://www.saechsische.de/plus/die-abrissbirne-baumelt-ueber-brachen-in-pulsnitz-2747155.html

2015:

https://www.saechsische.de/plus/neue-ideen-fuer-altes-e-werk-3156613.html

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